Diagnose Perimenopause – warum Ärzte hier oft versagen –– Christine hat es erlebt und sich selbst geholfen

Jun 15, 2023

Endlich wissen was los ist – dieses Glücksgefühl kennt jede Patientin. Auch Christine. Sie musste allerdings selbst herausfinden, warum ihr die Gelenke weh tun und sie immer so schnell müde war. Ihre Ärzte hatten nämlich einfach keine Ahnung von der Perimenopause. Christine ist leider kein Einzelfall. Aber ein Frau, die sich nicht unterkriegen lässt und selbst herausfand, was ihr Körper ihr mit all den Beschwerden sagen will. Wie Christine zu ihrer Diagnose kam, was ihr half und warum sie die Wechseljahre jetzt feiert, lest ihr im Interview …

dieAlte: Du bist 47 und in der Perimenopause. Kanntest du den Begriff, oder ist er dir erst über den Weg gelaufen als du dich mit den Wechseljahren auseinander gesetzt hast?

Christine: Den Begriff „Perimenopause” entdeckte ich erst in meiner Recherche über das allgemeine und durchaus auch komplexe Thema der Wechseljahre. Was für eine essentielle Erkenntnis, dass wir Frauen über einen längeren Prozess und in verschiedenen Phasen in die Menopause eintreten. Mir hat das sehr geholfen, die Veränderungen in und an meinem Körper und meinem Sein als Frau viel besser zu verstehen und mir mehr Geduld und Selbstannahme in diesem Prozess zu schenken.

 

Wie hast du gemerkt das du jetzt in die Wechseljahren kommst beziehungsweise in den Wechseljahren bist -, oder hast du das nur vermutet?

Bei mir traten letztes Jahr gehäuft und innerhalb kurzer Zeit verschiedene Symptome auf, über die ich im Einzelnen wohl kaum groß nachgedacht hätte. Mein Zyklus verkürzte sich merklich, meine Hüften und der Bauch wurde runder, ich litt unter Gelenkschmerzen, meine Frauenärztin entdeckte ein Myom an der Gebärmutter und ich hatte oft ein ziemlich vernebeltes Gehirn und war insgesamt schneller müder und nicht mehr so belastbar. 

Rückblickend bin ich dankbar über die Ladung an Symptomen in kurzer Zeit, denn so war ich wirklich aufgefordert, mich mit diesen Veränderungen und mir selber auseinanderzusetzen. Und mir war rasch klar, dass sich nun die Wechseljahre bei mir ankündigen.

„Rückblickend bin ich dankbar über die Ladung an Symptomen in kurzer Zeit, denn so war ich wirklich aufgefordert, mich mit diesen Veränderungen und mir selber auseinanderzusetzen.“

Welche Symptome hast du und kannst du da mit deiner Gynäkologin darüber reden? Ich frage deshalb, da viele Frauenärzt:innen den Patientinnen sagen: „Wenn sie ihre Tage noch haben, dann sind sie nicht in den Wechseljahren.“ Und die Frauen wieder wegschicken. Das ist ja nicht so, in der Perimenopause kann Frau ganz normal ihre Periode haben.

Genau dieses Paradebeispiel erlebte ich bei zwei Ärztinnen, meiner Gynäkologin und auch bei meiner Hausärztin. Beides Frauen in ihren 50ern, die sicherlich bereits ihre persönlichen Erfahrungen mit der Perimenopause gemacht und sie durchlebt haben.

Umso größer war meine Verwunderung und auch mein Ärger darüber, als Patientin von ihnen mit diesen Standardsprüchen abgefertigt zu werden. Deshalb habe ich angefangen, selber zum Thema Perimenopause zu recherchieren und entschied mich dann auch, diesen Weg offen und humorvoll auf meinem Instagram Account hitze.frei.menopause zu dokumentieren. Unter anderem gibt es hier mein Bullshit-Bingo mit den sinnlosesten Sprüchen zur Perimenopause.

 

Du bist Foodbloggerin und Foodstylistin und betreibst den Blog www.trickytine.com. Da gibt es nach den Produktionen ja bestimmt immer die leckeren Gerichte zu essen? Durch das verändern des Hormonspiegels ist es für uns Frauen in den Wechseljahren nicht mehr so einfach unser Gewicht locker zu halten. Hast du davon auch schon was gemerkt?

Oh ja, das merke ich seit etwa einem Jahr durchaus. Ich habe großes Glück und bin mit guten Genen ausgestattet, die mir meinen guten Appetit und wenig Bewegung bisher immer verziehen haben. Mittlerweile bemerke ich aber, dass die Hüften und der Bauch einfach runder werden und auch bleiben. Ich achte deshalb besser denn je auf eine ausgewogene Ernährung und bewege mich moderat, laufe gerne im Wald spazieren und bin durch mein Business eh immer viel unterwegs und auf den Beinen.

 Hirsesalat mit grünem Spargel und Schafskäse

Ich kann nur von mir sagen, ich habe etwas an meiner Ernährung geschraubt und nehme jetzt z.B. mehr Hülsenfrüchte, Proteine zu mir, das hält länger satt. Wie ist es bei dir?

Ja, das ist ein super Tipp und mit der Ernährung lässt sich wirklich viel steuern. Ich liebe nach wie vor ein gutes Glas Weißwein oder auch meine Butterbrezel mit viel Butter drauf. Es geht aber auch gesünder und zugleich lecker, wie zum Beispiel mit einem Hirsesalat mit grünem Spargel und Schafskäse. Der enthält viele wertvolle Proteine sowie Eisen und Magnesium. Und er hält lange satt und ist prima Meal Prep geeignet, so dass man auch unterwegs oder im Office eine gesunde Mahlzeit zu sich nehmen kann.

 

Das Thema Wechseljahre ist kein Tabu für dich, das sieht man an deinem Instagram Account. War das schon immer so?

Ja, und ich war wirklich erstaunt darüber, dass die Menopause in unserer Zeit immer noch mit Tabu und Scham belegt ist. Das liegt ganz sicher daran, dass Frauen unter sich so wenig darüber sprechen, selbst in einem geschützten Raum oder unter Freundinnen. Ich wollte hier unbedingt ein wenig frischen Wind und Aufklärung reinbringen, denn ganz ehrlich: die Wechseljahre sind ein Anteil des Frau-Seins und je offener, klarer und auch freudvoller wir darüber sprechen, desto mehr Möglichkeiten, nachhaltige Gesundheit und auch neue Möglichkeiten bieten sich für diese ganz besonderen Jahrzehnte an.

„Ja, und ich war wirklich erstaunt darüber, dass die Menopause in unserer Zeit immer noch mit Tabu und Scham belegt ist. Das liegt ganz sicher daran, dass Frauen unter sich so wenig darüber sprechen.“

Dann redest du bestimmt sehr offen mit deinen Freundinnen darüber, oder gibt es doch die ein oder andere die das nicht will?

Natürlich, ganz offen und tabulos. Ob schwindende Libido, Scheidentrockenheit oder Hormontherapie. Bei mir kommt jedes Thema auf den Tisch. Besonders schön finde ich es im Übrigen, mich mit meiner Mutter, die nun Mitte 80 ist, über die Wechseljahre auszutauschen. Auch hier findet ganz viel Öffnung und Heilung statt. Wunderbar!

 

Wie willst du mit den Wechseljahren und dem Älterwerden umgehen in Zukunft, was ist dein Plan?

Ich liebe den Prozess meiner Wechseljahre und habe ein ganz genaues Bild vor mir, wie ich als lebensfrohe, neugierige und in meiner Weiblichkeit ruhende 70jährige mein Dasein genieße.

Für mich hat die Menopause auch etwas radikal transformierendes. Ich schaue nicht mehr so sehr im Außen, brauche nicht mehr die Bestätigung oder Erlaubnis, sondern lebe viel mehr nach meiner innewohnenden Wahrheit und meiner Intuition. Nicht umsonst gibt es den Archetyp der weisen Frau, die in ihren Lebensherbst und -winter eintritt und ihre Weiblichkeit auf eine völlig neue Art und Weise definiert. Und jede Frau, die ihre Wechseljahre auch so lebt und annimmt, ist ein Geschenk für diese Welt.

In diesem Sinne: Let’s celebrate Menopause!

Weitere Infos zu Christine und ihrem Blog findest du auf der Webseite:
www.trickytine.com oder auf Instagram: @trickytine und @hitze.frei.menopause

Fotos: @trickytine