dieAlte: Die Idee hinter Deiner Seite nobodytoldme.com ist die gleiche wie bei mir. Es gab und gibt immer noch zu wenig Informationen über die Wechseljahre. Wie fing alles bei Dir an?
Susanne: Zum einen wollte ich immer etwas Eigenes machen und mit Ende vierzig gab es auch keine Ausrede mehr, warum das jetzt nicht ging. Meine Kinder waren groß und ich hatte ein bisschen Geld zurückgelegt. Und in dieser Zeit kam jemand auf mich zu, die auch unbedingt gründen wollte. Wir hatten uns regelmäßig getroffen und waren unter anderem zeitgleich auf einer Konferenz in den USA. Als wir dort gemeinsam vor einem Regal mit Maca standen – das ist peruanisches Ginseng – sagte ich: „Krass, in wie vielen Varianten es das hier im Regal gibt. In Deutschland musst du das in der letzten Ecke des Internets suchen.” Und dann fragte sie mich, wofür man das brauche. Und ich sagte: „In den Wechseljahren kannst Du schon mal das ein oder andere gebrauchen.” Und so unterhielten wir uns darüber und zwei Monate später sagte sie zu mir: „Ich weiß jetzt, was wir machen. Wir werden die Wechseljahre angehen.” Spontan dachte ich: „Ich glaube nicht.” Auch bei mir waren die Wechseljahre sehr negativ konnotiert. Aber dann haben wir uns beide intensiv mit dem Markt für Wechseljahre beschäftigt und wir bemerkten, wie wenig Gutes und Modernes es in diesem Bereich gab. Produkte mit altmodischen Namen oder mit hässlichem Design, die wir definitiv nicht aufs Kassenband legen würden. Und so beschlossen wir, das Ganze anders anzugehen. Die Idee zur Selbstständigkeit festigte sich und ich kündigte.
Ich hing also meinen Job bei Google an den Nagel, um aufzuräumen mit dem Tabu der Menopause, um aufzuklären und um Produkte und Services anzubieten, die nachweislich helfen können. Und das, damit sich nicht jede Frau ab vierzig alleine auf die Reise begeben muss. Sei es, um besser vorbereitet zum nächsten Arzttermin zu gehen, um endlich etwas zu finden, was beim Einschlafen hilft oder um einfach besser zu verstehen, was da gerade vor sich geht in unserem Körper. Die damalige Mitgründerin kam nicht mit. Das Leben kam dazwischen.
Was genau waren Deine Beschwerden und was hast Du getan, um diese in den Griff zu bekommen?
Bei mir begann es mit Anfang vierzig mit Durchschlafstörungen. Damals lebte ich gerade in Trennung und hatte einen anstrengenden Job und sicher hat das auch mit reingespielt, aber selbst als sich meine Situation beruhigte, blieb der schlechte Schlaf. Und heute muss ich dazu noch häufig nachts aufstehen, um auf die Toilette zu gehen. Sehr nervig. Außerdem veränderte sich mein Zyklus langsam, er wurde kürzer, das Blut wurde brauner. PMS schlich sich regelmäßig ein. Haut, Haare und Nägel wurden trockener. Meine Libido veränderte sich. Alles fühlte sich weniger intensiv an. Und dann mit ca. 45 Jahren begannen Konzentrationsstörungen, ich verwechselte die Namen meiner Kinder, suchte ständig meinen Schlüsselbund und war zunehmend faserig. Zuweilen fühlte sich mein Hirn wie Watte an. Mit 48 hatte ich an der linken Seite eine Schulterdachreizung und war auf dem Weg zur „Frozen Shoulder“, letztes Jahr fing es an der anderen Schulter an … Das ist ja jetzt alles nichts, wo man sagt, man ist richtig krank, aber gesund und fit fühlt sich anders an.
Es gab und gibt auch Tage, da ist mein Selbstwertgefühl im Keller und meine sonst immerwährende Energie ist einfach weg. Und das kenne ich von mir überhaupt nicht und es fällt mir auch sehr schwer, das anzunehmen.
Auch schaffte ich mit dem Fahrrad nicht mehr die gleichen Strecken wie sonst. Es war so, als ob ich monatlich weniger Muskelmasse zur Verfügung hatte. Und vor ca. zwei Jahren begann ein Brennen in der Vagina. Mir wurde dann gesagt, dass dies erst in der Postmenopause auftritt, aber es wurde eindeutig mit der vaginalen Gabe von DHEA besser. Das Präparat dazu heißt Intrarosa und die Kosten werden nicht von der Krankenkasse übernommen.
Ich habe in den vergangenen zehn Jahren fast alles ausprobiert, was über Studien eine Wirksamkeit nachgewiesen hat. Ich habe mich noch mal mit meiner Mutter über ihre Wechseljahre unterhalten und ich habe so circa alles gelesen, was an Büchern zum Thema geschrieben wurde.
„Und dann mit ca. 45 Jahren begannen Konzentrationsstörungen, ich verwechselte die Namen meiner Kinder, suchte ständig meinen Schlüsselbund und war zunehmend faserig. Zuweilen fühlte sich mein Hirn wie Watte an.“
Hast du als Oecotrophologin eine Alternative gefunden?
Es ist eher eine Kombination aus Dingen, die sich für mich bewährt haben.
- Stressreduktion: Ich versuche, toxische Erlebnisse zu vermeiden und habe mir über die letzten zehn Jahre ein Umfeld geschaffen, in dem ich mich sehr wohl fühle. Das war ein Prozess, der mit einer Therapie um die Vierzig begann. Die Menschen, mit denen ich heute am nächsten bin, geben mir sehr viel und ich ihnen (also das hoffe ich zumindest).
- Bewegung: Ich bin nicht jemand, die ins Fitnessstudio geht, aber ich nehme Gelegenheiten wahr, mich zu bewegen: ich steige Treppe statt eine Rolltreppe zu nehmen bzw. wir leben schmal und hoch mit viel täglichem Treppensteigen, ich habe vor Jahren mein Auto verkauft und fahre Fahrrad, ich mache häufig morgens das 7-Minuten-Training. Ich arbeite körperlich in meinem Garten. An manchen Tagen sammle ich am Wegrand Müll ein und komme dabei ins Schwitzen. So passt Sport besser in mein Leben.
- An Achtsamkeit übe ich mich immer noch, ist eine tägliche Herausforderung. An guten Tagen starte ich mit Zitronenwasser und einer Meditation und im Anschluss schreibe ich mein Hirn leer. Leider sind diese Tage immer noch sehr selten.
- Kalt duschen: Wenn ich das morgens schaffe, fühle ich mich wie King Louis. Mein innerer Schweinehund ist leider sehr mächtig, er findet immer wieder sehr gute Gründe, heute doch noch mal heiß zu duschen.
- Ernährung: Hier bin ich vor fast zehn Jahren auf das Buch von Sara Gottfried: „Die Hormonkur” gestoßen. Eine Osteopathin hatte es mir empfohlen. Und alles darin hatte mich daran erinnert, wo ich selber herkomme. Und so bin ich zurück zu meinen Wurzeln und biete heute die Body Reset Kurse an, bei denen Frauen Schritt für Schritt ihre Ernährung umstellen.
„Das Prinzip ist sehr einfach: mehr Gutes rein und „Lebens“mittel wie Wurst, Alkohol, Zucker, Milch, Käse und Gluten raus. (…) Wichtig dabei: alles kann, nichts muss. Es ist ein Experiment mit Dir selbst, bei dem Du herausfinden kannst, was Dir gut tut und was möglicherweise auch nicht. „
Wie sind denn die Erfolgschancen Deiner Teilnehmerinnen und was erhoffen die Frauen sich da.
Mit dem Begriff „Erfolg” bin ich ein bisschen vorsichtig. Das steckt immer gleich auch so ein Leistungsaspekt dahinter.
Die Wechseljahre werden ja individuell ganz unterschiedlich erlebt und so kommt jede Frau mit ihrem eigenen Thema. Die eine möchte die anstehende Ausschabung der Gebärmutter vermeiden und auf natürlichem Wege versuchen, die zu hohe Schleimhaut zu reduzieren und die andere möchte von diesen Sturzblutungen runterkommen. Wiederum eine andere hat eine Autoimmunkrankheit und die Schulmedizin konnte ihr nur bis hierhin helfen. Viele Frauen nervt auch der größer gewordene Bauchumfang oder insgesamt die Zunahme an Körpergewicht. Und andere wollen sich einfach gesünder ernähren, aber wissen bei all den Angeboten da draußen nicht, was denn jetzt wirklich gesund ist und was sie besser lassen sollten. Es kommen auch Frauen, denen es in der Gruppe leichter fällt, Gewohntes auszugeben, als alleine.
Ich bitte immer am Ende um Feedback zum Kurs. Mittlerweile haben sich auch 94 Frauen auf Trustpilot zu NOBODYTOLDME geäußert. Die meisten davon sind Teilnehmerinnen des Body Reset Kurses. Wir erhalten dort 4,9 von 5 Sternen, was mich natürlich riesig freut.
Was rätst Du Frauen, die merken dass sie doch schon vor ihrem 50sten Lebensjahr in den Wechseljahre (Perimenopause) sind und etwas unsicher sind was jetzt zu tun ist?
Es sind ja fast alle Frauen schon vor dem 50. Geburtstag in der Perimenopause. Zum Glück haben nicht alle Beschwerden. Vor allem diejenigen mit einer Hormonspirale oder der Pille merken meist kaum etwas. Das ist jetzt aber keine Empfehlung für Progesteronderivate.
Ich wünsch mir für alle Frauen, dass sie keine Angst vor den Wechseljahren haben. Angst ist eine schlechte Beraterin. Ich wünsch mir für sie, dass sie gut aufgeklärt und sich selbst wertschätzend durch die Wechseljahre gehen. Daraus ergibt sich alles andere. Sie werden dann spätestens jetzt anfangen, Stress zu reduzieren, sich gesünder zu ernähren, sich regelmäßig zu bewegen und insgesamt achtsamer mit sich umzugehen. Ich wünsche ihnen auch, dass sie eine erfahrene Gesundheitsberaterin an ihrer Seite haben. Denn die wird die ein oder andere in den nächsten Jahren brauchen.
Und wenn es ihnen gut geht, dann brauchen sie außer der regelmäßigen Vorsorge nichts weiter zu tun. Die Wechseljahre sind ja keine Krankheit per se und ein Drittel von uns hat auch überhaupt keine gesundheitlichen Probleme damit.
„Ich wünsch mir für alle Frauen, dass sie keine Angst vor den Wechseljahren haben. Angst ist eine schlechte Beraterin. Ich wünsch mir für sie, dass sie gut aufgeklärt und sich selbst wertschätzend durch die Wechseljahre gehen.“
Was würdest Du heute Deinem 40jährigem Ich sagen?
Du kannst alles schaffen, wenn Du an dich glaubst.
Weitere Infos über NOBOSYTOLDME und den BODY RE:SET KURS findet ihr hier:
www.nobodytoldme.com oder hier auf Instagram: @_nobodytoldme_
Fotos: HelenFischer.com