Brauche ich eine Wechseljahre-Beraterin?

Jul 30, 2022

Die Menopause ist keineswegs ein Fluch, sondern eher ein Segen! Glaubst Du nicht? Dann lass Dich von Ellen Cornely-Peeters (60) überzeugen. Sie ist eine ausgebildete Wechseljahre-Beraterin und kennt die Werkzeuge und Wege, wie Du Dich in jeder Phase der Menopause nicht nur besser fühlen kannst, sondern auch Dein Leben noch aktiver nach Deinen Wünschen gestalten kannst: „Wir können selbstbestimmt befreit und unabhängig von Hormonschwankungen leben. Voller Vitalität und möglichst gesund altern. Auch wenn das zu Beginn der hormonellen Umstellungsphase schwer zu begreifen ist. Mir ist es wichtig, die positive Seite der Wechseljahre in den Fokus zu rücken.“ Ellen Cornely-Peeters Beruf erfüllt sie selbst und hilft uns …

dieAlte: Was ist denn eine Wechseljahre-Beraterin?
Ellen Cornely-Peeters: Eine zertifizierte Wechseljahre-Beraterin ist eine spezialisierte Fachkraft, die durch ihre Ausbildung im Bereich Frauengesundheit, Naturheilkunde, Anatomie und Physiologie – im Besonderen des Hormonhaushaltes – sowie Psychologie ratsuchender Frauen in den turbulenten Zeiten des Wechsels zur Seite steht.
In der Weiterbildung zur Wechseljahre-Beraterin geht im Besonderen um den Einfluss der Hormone auf das seelische und körperliche Wohlbefinden während der Hormonumstellung.
Die meisten Beraterinnen haben die Wechseljahre schon hinter sich gelassen oder stecken selbst noch mittendrin. Durch das eigene Erleben können sie sich sehr gut in die Lage der Frauen hineinversetzen. Wissen genau, was in ihnen vorgeht.

Die Idee stammt aus den Niederlanden, wo Wechseljahre-Beratung schon vor vielen Jahren mit großem Erfolg in der Gesundheitsfürsorge für Frauen etabliert wurde.

„Eine zertifizierte Wechseljahre-Beraterin ist eine spezialisierte Fachkraft, die durch ihre Ausbildung im Bereich Frauengesundheit, Naturheilkunde, Anatomie und Physiologie – im Besonderen des Hormonhaushaltes – sowie Psychologie ratsuchender Frauen in den turbulenten Zeiten des Wechsels zur Seite steht.“

Braucht das Frau wirklich?
Auch im 21. Jahrhundert herrscht noch viel Unwissenheit und vor allem viel „Altbackendes“ über die Wechseljahre vor. Es wird Zeit, Tabus aufzubrechen. Denn wir gehen keinesfalls „verrunzelt und vertrocknet unserer Vergreisung“ entgegen, wie es vor vielen Jahren einmal (in noch deutlicheren Worten) ein amerikanischer Arzt publiziert hat, um die Hormoneratztherapie an die Frau zu bringen.
Leider ist dieses negative Frauenbild immer noch hartnäckig in vielen Frauenköpfen verankert. Und Alternativen zur Hormonanwendung kaum bekannt.

In unserer heutigen Konsum- und Leistungsgesellschaft stellen die Wechseljahre die herausforderndste Lebensphase für Frauen dar. Da möchte ich alle Frauen ermutigen, sich frühzeitig und umfassend über die Wechseljahre zu informieren. Bei Bedarf Fachkräfte aufzusuchen.
Denn Wissen ist Macht und hilft, gute Entscheidungen zu treffen. Je besser Du Bescheid weißt, desto besser kommst Du hindurch.
Die Schulmedizin kann eine solch umfangreiche Beratung nicht leisten, da es im Praxisalltag keine Zeitfenster dafür gibt und leider viele Fachärzte:innen nicht ausreichend weitergebildet sind. Bis heute kommt das Thema Wechseljahre der Frau im Medizinstudium nicht vor.
Die größte Bestätigung für unseren Beratungsansatz sind die vielen positiven Feedbacks (siehe Kasten) der Klientinnen. Sie beflügeln mich enorm in meinem Tun und halten die Begeisterung für meine Arbeit wach und lebendig.

„Mir hat gestern Ihr Gesprächstermin sehr sehr gut getan und ich bin mehr als positiv nach Hause gefahren, da ich mich von Ihnen SEHR verstanden gefühlt habe und auch BESTÄRKT fühle in dem was ich für mich vorhabe. …nochmals DANKE für ALLES.“

„Ach, Meno!“ Endlich fühle ich mich gesehen, verstehe die Zusammenhänge meiner Beschwerden. Es ist sehr verständlich geschrieben. Die Tipps sehr hilfreich und gut umzusetzen. Danke Ellen Cornely-Peeters für diesen wunderbaren Tourguide!

Ich kann von mir selber sagen, dass ich sehr verwirrt war, als ich mit Anfang 40 Nachtschweiß bekommen habe und alle Ärzte dachte, ich habe einen Tumor (Nachtschweiß tritt auch bei Tumorbildung aus). Keiner dachte nur im Entferntesten an die Wechseljahre.
Ich natürlich auch nicht. Es stellte sich erst später heraus, dass es wohl der Anfang der Wechseljahre war. Kann es sein, dass die Wechseljahre schon mit Ende 30 losgehen?
Absolut. Jede Frau ist anders und kommt entsprechend früher oder später in die Wechseljahre. Das hängt von der genetischen Disposition und /oder vom persönlichen Lebensstil der Frauen ab.

Da die Hormonumstellung sehr schleichend beginnt, ist es eine durchaus verwirrende Zeit. Weder die Frauen selbst noch die Schulmedizin haben auf dem Schirm, dass die Hormonumstellung schon Ende 30 Anfang 40 losgehen kann. Doch wenn Frauen unter 50 mit unerklärlichen Symptomen von Arzt zu Arzt rennen und niemand etwas findet, sollte unbedingt an die Wechseljahre gedacht werden.
Keine Frau wacht morgens auf und weiß: „Ah, ab heute bin ich also in den Wechseljahren.“

Was ist die am häufigsten gestellte Frage in Deiner Praxis?
Die Fragen der Frauen sind so unterschiedlich wie ihre Nöte zu dem Zeitpunkt, an dem sie zur Beratung kommen. Als besonders belastend werden Schlafstörungen, Müdigkeit und Antriebslosigkeit empfunden. Nicht selten wird auch eine zweite Meinung nach dem Besuch in der gynäkologischen Praxis eingeholt.

Wenn Frauen in Deine Beratung kommen, wie gut wissen sie über die Wechseljahre Bescheid?
Besonders die Veröffentlichung meines Buches „Ach, Meno!“ hat gezeigt, wie viel Beratungsbedarf besteht. Viele Frauen sind überaus erstaunt, dass es außer den berüchtigten Hitzewallungen, die keinesfalls jede Frau betreffen, eine ganze Menge an Symptomen gibt, die mit der Hormonumstellung zusammenhängen. Angstzustände und Panikattacken, Konzentrationsstörungen und Vergesslichkeit. Gelenkschmerzen, Magenschmerzen, Blähbauch und Verstopfung, sehr starke Blutungen, dass uns angst und bange wird. Herzrasen und Schwindel, erhöhte Stressempfindlichkeit, Gereiztheit bis hin zu unkontrollierten Wutausbrüchen, Erschöpfung bis hin zum Burn-out, um nur einige zu nennen, über deren Verbindung weder die betroffenen Frauen noch die Schulmedizin Bescheid wissen.

„Als besonders belastend werden Schlafstörungen, Müdigkeit und Antriebslosigkeit empfunden.“

Gibt es ein Beispiel aus Deiner Praxis, welches widerspiegelt, dass Frauen mehr Aufklärung brauchen?
Ja, das gibt es hier ein Beispiel aus meiner Praxis.

Eine Klientin (46) kam zum Gespräch in meine Praxis. Die Liste der Symptome, über die sie berichtete, war lang. Schwindel, Herzrasen, Angstzustände, schweißnass aufwachen mitten in der Nacht aber auch massive Schmerzen an den Handgelenken und Schultersteifigkeit. Hinzu kamen Verdauungsprobleme mit sehr unangenehmer Verstopfung. All diese Beschwerden hatten schon zu vielen Arztbesuchen geführt. Doch niemand konnte ernsthafte medizinische Ursachen finden. Sie bekam allerlei Medikamente, um die Symptome zu „bekämpfen“. Darunter Cortison, Schmerzmittel, Abführmittel und ein Antidepressivum. Frauen noch die Schulmedizin Bescheid wissen.

Erst durch mein Buch, dass ihr von einer Freundin zum Geburtstag geschenkt wurde, (sie war zunächst alles andere als begeistert, so auf ihre Wechseljahre hingewiesen zu werden) fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. All Ihre Symptome könnten tatsächlich damit in Verbindung stehen.
Da sie skeptisch war, ob es wirklich die Hormone sein können, die für all ihre Beschwerden verantwortlich sind, wollte sie einen Speichelhormontest durchführen, um Klarheit zu haben.
Die Ergebnisse ließen keine Zweifel daran, dass die Hormonspiegel von Östrogenen, genauer gesagt von Estradiol und Estriol, sowie Progesteron, viel zu niedrig und das Verhältnis der Hormone zueinander eine völlige Schieflage zeigte.

Wir haben die Möglichkeit einer Hormonanwendung mit bioidentischen Hormonen zusammen mit einer Gynäkologin erarbeitet und Lösungen entwickelt, die dazu beitragen, ihren Stoffwechsel und damit ihren Hormonhaushalt zu stabilisieren. Als Erstes wollte sie mit einer dringend notwendigen Ernährungsumstellung starten.
Nach 4 Monaten bekam ich eine Mail von ihr.
„Ganz herzlichen Dank für dieses erhellende Gespräch in ihrer Praxis. Mir ist seitdem so viel bewusst geworden. Plötzlich konnte ich klar erkennen, was mein Leben am Limit und das Ständige ignorieren der Symptome mit meinen Wechseljahren zu tun hat.

Ich konnte und wollte mir damals keine Zeit für mich nehmen. Wollte nur funktionieren, keinesfalls die Kontrolle abgeben. Ich war die Beste in meiner Firma und das sollte noch lange so bleiben.
Doch in unserem Gespräch wurde mir mehr als deutlich bewusst, dass das nicht die Lösung sein konnte.
Kurze Zeit später schon nahm ich mir eine 4-wöchige Auszeit- einfach nur um „runterzukommen“. Nichts Müssen müssen, einfach sein. Das war unheimlich schwer für mich. Doch das Meer, wohin ich mich zurückzog, gab mir unheimlich viel Kraft. Ich stelle meine Ernährung um. Achtete darauf, was meinem Körper wirklich guttat. Die täglichen Spaziergänge, die zu immer ausgedehnteren Wanderungen wurden, haben mich gestärkt und bestärkt, mein Leben neu zu organisieren.

Ich konnte mich ganz neu spüren. Respektierten das Körper, Geist und Seele auch für mich eine Einheit bilden, dass mein Hormonsystem, das Immunsystem und mein Nervensystem sehr eng miteinander verknüpft sind. Es fällt mir jeden Tag leichter, gut für mich zu sorgen.“
Wir haben uns im Abstand von 8 Wochen noch 2 x getroffen. In dieser Zeit hat sie für sich beschlossen, die Hormontherapie langsam wieder „auszuschleichen“. Begleitet und unterstützt durch wichtige Mikronährstoffe, die sich positiv auf die Hormon-Synthese und den Energiestoffwechsel auswirken und die Hormonbalance bestmöglich unterstützen.

Dass sie neugierig war, wie sich ihre Lebensstiländerung auf ihre Hormonwerte ausgewirkt hat, hat sie 3 Monate nach ihrem ersten Test einen weiteren Hormontest zur „Kontrolle“ durchgeführt. Die positiven Ergebnisse standen im Einklang mit ihrem Wohlbefinden und haben sie motiviert, dran zu bleiben. 12 Monate nach unserem ersten Treffen hat sie sich auch beruflich neu aufgestellt. Die Wechseljahre haben ihr noch einmal einen ganz neuen Blick auf IHR Leben ermöglicht. Und dafür sei sie unendlich dankbar. Die Beschwerden, über die sie bei unserem Kennenlernen klagte, waren bis auf erträgliche „Wärme“-wallungen verschwunden.

So wie diese Klientin wünschen sich viele Frauen eine engere Zusammenarbeit zwischen Gynäkolog:innen und Wechseljahre-Beraterinnen. Ähnlich der Kooperation zwischen Ärzt:innen und Hebammen oder Orthopäden und Physiotherapeuten. Doch dieser Weg ist leider noch sehr steinig.

Ellen Cornely-Peeters, Eine Wechseljahre-Beraterin macht Mut

 

„Die Wechseljahre sind keine Krankheit.
Aber sie fordern uns heraus.“

Was rätst Du Deinen Kundinnen, wenn sie echt verzweifelt sind und mit dem Älterwerden (und den Wechseljahren) hadern?
„Man bleibt jung, solange man noch lernen, neue Gewohnheiten annehmen und Widerspruch ertragen kann.“ Marie von Ebner-Eschenbach
Well Aging statt Anti Aging. 
 Sicherlich wird uns in keiner anderen Lebensphase bewusster, dass wir tatsächlich älter werden. Und natürlich sind wir zu Beginn unserer Wechseljahre nicht mehr ganz jung, aber auch längst nicht alt. Frauen im Wechsel stehen heute mitten im Leben und haben im besten Fall noch 30-40 aktive Jahre vor sich. Und noch niemals zuvor war die Generation 50+ so vital wie heute.

Der Grundstein für ein energievolles, gesundes Älterwerden wird in den Wechseljahren gelegt. Und die wollen gestaltet werden. Nur Mut. Es ist eine super Chance in unserem Leben. Und die Zeit beginnt-jetzt!
Daher geht es um Fragen wie: Wie möchtest Du Deine Zukunft gestalten? Was spornt Dich an? Was möchtest Du in der Zwischenzeit tun, bis Du alt bist?
Wechseljahre sind keinesfalls ein Fluch, denn Korrekturen im Leben können ein wahrer Segen sein. Aktiv sein, etwas verändern, raus aus den alten Schuhen zu schlüpfen und neue Wege für sich zu entdecken- auch das sind Wechseljahre. Unliebsames loszulassen, damit frische Ideen einziehen und neue Energien freigesetzt werden können. Wir können Selbstbestimmt, befreit und unabhängig von Hormonschwankungen leben. Voller Vitalität und möglichst gesund altern.

Wie können wir jungen Frauen Wissen, über das für sie noch uninteressante und weit entfernte Thema Menopause vermitteln? Hast Du da einen Ansatz?
Es ist tatsächlich nicht ganz leicht, hier den Einstieg zu finden. Denn solange Frauen sich vital und leistungsfähig fühlen, besteht für die meisten kein Anlass, etwas zu verändern oder an „später“ zu denken.

Am besten könnte es meines Erachtens über die Großmütter, Mütter, Tanten oder gesellschaftliche Vorbilder funktionieren. Seit „MeToo“ ist vieles offener und einfacher geworden. Wir können gar nicht oft genug darüber sprechen. Aufmerksam machen.
Doch ist höre auch die Stimmen der Frauen, die mit ihren eigenen Töchtern, die jetzt Mitte Ende 30 sind, niemals über „diese schrecklichen Wechseljahre“ sprechen würden, um sie nicht zu verstören. Dadurch wird für mich mehr als deutlich, wie wichtig gute Aufklärung auch im Nachhinein ist. Diese Frauen haben viel durchgemacht, ohne adäquate Unterstützung zu bekommen. Der Frust sitzt auch Jahre später noch sehr tief.

Gut informiert zu sein macht uns viel freier in unseren Entscheidungen. Sogar eine Studie belegt, dass gut informierte Frauen gelassener durch die Wechseljahre kommen.

Eine der ersten professionellen Wechseljahre-Beraterinnen Deutschlands erzählt von ihren Erfahrungen aus ihrer Praxis, gibt Tipps für die Achterbahnfahrt der Hormone – und macht nicht zuletzt Mut, die Wechseljahre auch als Chance zu begreifen, eigene Wünsche und Bedürfnisse zu erkennen und anzuerkennen.

 

Ach, Meno! Eine Wechseljahrsberaterin macht Mut
kiwi-verlag Taschenbuch 14 Euro, E-Book 4,99 Euro

 

Fotos: Sabine König, Susanne Prothmann